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subota, 17. rujna 2016.

Innere Konsolidierung der Moskauer Herrschaft

Iwan Kalita (1325–1341) begründete den Aufstieg Moskaus, da er viel von den in ganz Russland eingezogenen Steuern beziehungsweise Tributen für eigene Zwecke verwendete. Während seiner Herrschaft kehrten etwas ruhigere Verhältnisse im Innern und ein wirtschaftlicher Aufschwung ein. Begünstigend wirkten sich hierfür der beginnende Machtverfall der Goldenen Horde und der Machtgewinn Moskaus aus. Zwar war Moskau zu dieser Zeit noch nicht in der Lage, die Gefährdung durch äußere Feinde oder durch innere Zwistigkeiten völlig zu bannen, doch war das Maß der inneren Ruhe wesentlich stärker als noch in den hundert Jahren zuvor. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts entwickelte sich daher ein nachhaltiger wirtschaftlicher Aufschwung in den Ländern der Rus, nachdem die Pestwellen von 1352/53 und 1360–1366 überwunden wurden. Neben dem Wiederaufleben monumentaler Bautätigkeiten, wie z. B. 1326 der Bau der ersten steinerne Kirche in Moskau, die Vorgängerin der heutigen Mariä-Entschlafens-Kathedrale (Moskau) aufgrund der Verlegung des Sitzes des Oberhaupts der russischen Kirche. 1329 veranlasste Iwan den Weiterbau des Moskauer Kreml, kurze Zeit darauf die Errichtung neuer hölzerner Befestigungsanlagen. Anspruchsvollere Gewerbezweige entwickelten sich und die Rodetätigkeiten wurden verstärkt ausgeführt. Auch ein Neubeginn einer eigenen Münzprägung fällt in diese Zeit. Die Binnenkolonisation erfuhr in der zweiten Hälfte des 14. und am Anfang des 15. Jahrhunderts eine erhebliche Belebung. Ursprünglich war diese als Ausweichbewegung vor den Tataren angefacht worden. Dadurch konnte die Erschließung der Taiga erheblich beschleunigt werden. Kleine Siedlungsgruppen wanderten hierzu von den Altsiedlungen stromabwärts in Richtung des Weißen Meeres, in die bis dahin unerschlossenen Waldmassive.[33]

Wesentlichen Anteil am Moskauer Aufstieg hatten die adeligen Dienstleute. Die Moskauer Großfürsten warben gezielt Fürsten ab. Der Übertritt von Rjurikiden in Moskauer Dienste geschah nicht immer unfreiwillig, denn gerade die Zersplitterung vieler Teilfürstentümer bot den Kleinherrschern in immer geringem Maße ein standesgemäßes Leben und Schutz vor den Annexionsbestrebungen mächtiger Nachbarn. Beides sicherten sie, wenn sie die Abhängigkeit von Moskau akzeptierten, die ihnen als Dienstfürsten den höchsten Rang in der Moskauer Dienstadelhierarchie zusicherten. So erhielt Moskau die militärische Kraft dieser Territorien, und blutete gleichzeitig die restlichen Teilfürstentümer durch Abwanderung des Adels nach Moskau militärisch so weit aus, dass Widerstand sinnlos wurde.[34]

Moskaus Aufstieg wurde auch nur möglich, weil es den Großfürsten im Gegensatz zu anderen russischen Fürstentümern auf lange Sicht gelang, das Seniorat durch die Primogenitur zu ersetzen und Teilungen ihres Herrschaftsgebietes zu verhindern. Anfangs blieb es strittig wer beim Tod des Großfürsten innerhalb der Moskauer Linie der Nachfolger werden sollte. Als das Moskauer Großfürstentum im 14. Jahrhundert seine ersten Entwicklungsphasen durchlief, gab es, ebenso wie im alten Kiewer Reich, keine stabile und unbestrittene Thronfolgeordnung. Doch zunächst konnten die Erben Iwan Kalitas, Simeon (1341–1353) und Iwan II. (1353–1359) die Nachfolge unbeschadet übernehmen, da die Brüder Iwan Kalitas Simeon als den Ältesten anerkannten. Beim Tod Iwans II. gab es nur anfangs Probleme, aber einer seiner zwei Söhne starb bald nach dem Tod Iwans II. Zu ihrer Zeit folgten Pestepidemien 1353 und 1364, die große Teile der Fürstenfamilie hinwegrafften. Dadurch wurde das Fürstentum zunächst vor Teilungen bewahrt.[35] Die Moskauer Herrscher versuchten, als die politischen Bedingungen dafür gegeben waren, die Thronfolge (in ihrem Sinne) zu beeinflussen. Den Unsicherheitsfaktor, den ein Großfürstenthron beim Thronwechsel zum Streitobjekt zweier oder mehrerer Rivalen wurde, wollten sie ausschalten. Dmitri Donskoi (1359–1389) betrachtete als erster Moskauer Großfürst nicht nur das (Teil-)Fürstentum Moskau, sondern auch das Großfürstentum als „Vatererbe“. Damit war die Voraussetzung für den Beginn einer großfürstlichen Thronfolgepolitik gegeben. Damit konnte das vom Tatarenkhan verliehene Territorium weitervererbt werden. So entwickelte Dimitri aus der Improvisation heraus eine Stufenordnung:

Zunächst legte er die vertragliche allgemeine Anerkennung des Thronfolgeanspruchs der Söhne durch andere russische Fürsten fest,
darauf folgte die Anerkennung des Anspruchs eines bestimmten Sohnes und
schließlich die testamentarische Vererbung.
Sein Versuch, auch schon den Nachfolger seines Nachfolgers zu bestimmen, misslang und lieferte den Grund für eine blutigen Fehde. Wenn der älteste Sohn eines Fürsten den Weg der Primogenitur von sich aus einschlug und in einem solchen Fall der nach dem Seniorat erbberechtigte jüngere Bruder des Verstorbenen nicht nachgab, so entwickelte sich eine Auseinandersetzung zwischen Onkel und Neffe. Dies geschah auch in dem Onkel-Neffen-Konflikt, der sich zu der blutigen Moskauer Fehde von 1425 bis 1453 zwischen zwei Zweigen der Moskauer Dynastie entwickelte. Hauptleidtragender dieses mit Härte geführten Bürgerkrieges war das einfache Volk. Nach wiederholtem lokalem Aufflackern der Pest und den Hungersnöten 1417–1427 verschlimmerten die folgenden Kriegsjahrzehnte die allgemeine Not zu einer anhaltenden Wüstungsperiode, die ganze Landstriche fast völlig entvölkerte. Es war Vasili II. (1425–1462), der die Stufenfolge um ein wesentliches neues Element erweiterte: die Ernennung des Thronfolgers zum Großfürsten und Mitherrscher noch zu Lebzeiten. Dadurch setzte sich die Vorstellung durch, dass der Erbe des Großfürsten der einzig rechtmäßige Nachfolger der großfürstlichen Herrschaft und für andere Anwärter jeder Kampf von vornherein aussichtslos war.[36] Die Beilegung des innerdynastischen Konflikts unter Vasili II. leitete nach dem Niedergang bis 1453 eine über hundertjährige Blüteperiode ein. Von innen wie außen kaum bedroht, konnte das Moskauer Reich einen Großteil seiner Kräfte nach innen konzentrieren. Der Siedlungsausbau erreichte seinen absoluten Höhepunkt, Städtewesen, Gewerbe und Handel blühten wieder auf.

Sammlung der russischen Erde und Abschüttlung der Tatarenherrschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Stehen an der Ugra markierte das Ende der Tatarenherrschaft über Russland
Mit den für Moskau günstigen Bedingungen nahmen sich die Großfürsten von Moskau die „Sammlung russischer Erde“ vor, womit die Wiederherstellung der Kiewer Rus gemeint war. Dieser Prozess verlief aber keineswegs geradlinig oder zwanghaft.[37] Schließlich hatte die „Sammlung des Landes“ Kriege gegen alle anderen Teilfürstentümer zur Folge. Daher mussten die Moskauer Großfürsten den konkurrierenden Teilfürsten schrittweise ihre Machtgrundlagen entziehen um sie zu schwächen. Den russischen Teilfürstentümern wurde von den Moskauer Großfürsten ihre völkerrechtliche Handlungsfähigkeit entzogen. Auch die mächtigsten Teilstaaten wurden (teilweise durch Kauf) eingegliedert und unterlagen dem umfassenden Verbot außenpolitischer Beziehungen. Jeder Versuch der Teilfürsten, eigene Politik zu betreiben, galt als Verrat an Moskau.

So konnte der ernsthafteste Konkurrent Moskaus, Twer, ausgeschaltet werden. Im Gegensatz zu Moskau hatte Twer 1319, 1333 und 1399 dynastische Teilungen erleben müssen und wurde darüber hinaus durch die Kämpfe zweier konkurrierender dynastischer Linien zwischen 1346 und 1360 an seiner Entwicklung geschwächt. In der zweiten Runde des Entscheidungskampfes mit Twer (1368–1375) konnte Moskau wiederum die Oberhand behalten. Auslöser war eine innenpolitische Krise Moskaus. Nach einigem hin und her fiel die Entscheidung als der Moskauer Großfürst Dmitri Donskoi (1359–1389) einer Machtübernahme des Großfürsten Michail von Twer zuvorkam. Dieser hatte von Abgesandten Mamais am 14. Juli den Großfürstenjarlyk überbracht bekommen. Dmitri fiel mit einem großen Truppenaufgebot in das Großfürstentum Twer ein. Am 5. August begann die Belagerung Twers. Als die erwartete litauische Hilfe ausblieb, willigte Michail von Twer nach einmonatiger Belagerung ein, den von Dmitri geforderten Unterwerfungsvertrag zu unterzeichnen. Großfürst Michail von Twer behielt zwar seine Eigenständigkeit, musste aber Dmitri Donskoi als Übergeordneten anerkennen und außenpolitische Beschränkungen hinnehmen. Dieser Ausgang demonstrierte die gewachsene Autorität Moskaus. Dmitri befand sich auf dem Weg zum Großfürsten der gesamten Rus. Damit war Twer geschwächt und Nowgorod versank in innere Zwistigkeiten, so dass Großfürst Dmitri Donskoi mehrere Fürstentümer über die Wolga hinweg weit nach Nordwesten bis Beloozero und Galitsch eingliedern konnte. Dmitri gelang es 1392 das 1341 gegründete Großfürstentum Susdal-Nischni-Nowgorod unter seine Kontrolle zu bringen, welches sich zwischenzeitlich zu einem Konkurrenten Moskaus entwickelt hatte, aber letztlich ebenso unterlag. Nischni-Nowgorod wurde Moskaus Außenposten gegen das Kasaner Khanat.

Noch bestand die Oberherrschaft der Tataren über Moskau. Somit war der Aufstieg Moskaus solange in Gefahr, wie diese Abhängigkeit bestand. Denn die Tataren begegneten dem Aufstieg Moskaus misstrauisch und unterstützten verstärkt die anderen russischen Fürsten und schwächten Moskau durch gelegentliche Verheerung seines Territoriums. Also musste sich Moskau von der Oberherrschaft distanzieren und bildete fortan das russische Zentrum des antimongolischen Widerstands. Dmitri fühlte sich stark genug, nach dem Sieg über Twer 1375 auch eine Auseinandersetzung mit dem Emir zu wagen. Denn schon nach der Ermordung Khan Dschani Beg (1357) hatte die Goldene Horde eine Schwächeperiode durchzustehen, die von häufigen Thronwechseln gekennzeichnet war. Zwischen 1357 und 1380 lösten sich allein 25 Khane ab. Der Ausfall einer allgemein anerkannten Zentralmacht gab ehrgeizigen Emiren in den Randprovinzen die Chance zu eigenmächtigem Handeln. Als Anlass diente das Bündnis des Emirs Mamai mit Litauen die Unterstützung Twers und Rjasans gegen Moskau. Dmitri errang einen Sieg über die Tataren in der Schlacht von Kulikowo, unweit des Dons, weil Dmitri zuschlug, bevor die Litauer eintrafen. Dieser Sieg beendete jedoch nicht die Tatarenherrschaft, da Khan Toktamisch 1382 Moskau erobern konnte. Ein weiterer großer tatarischer Einfall vollzog sich im Winter 1408/09. Die Landbevölkerung litt schwer unter den Einfällen, eine Eroberung Moskaus wie noch 1382 gelang aber nicht mehr. Letztlich konnte sich die Goldene Horde von dem Schlag nicht mehr erholen. Auch die Fürsten von Twer und Rjazan waren durch ihre Zusammenarbeit mit Litauen und der Horde diskreditiert und Moskau konnte innerhalb der Rus erheblich an Reputation hinzugewinnen. Der Niedergang der Goldenen Horde setzte sich in den Folgejahrzehnten unvermindert fort. Edigü verlor seine beherrschende Stellung in den Wirren von 1410 bis 1412. Er starb 1419 von der Hand eines der Söhne Toktamischs zu einem Zeitpunkt, als das territoriale Auseinanderbrechen des Herrschaftsbereiches der Goldenen Horde nicht mehr aufzuhalten war. Als sich Anfang des 15. Jahrhunderts aus dem Staatsgebiet der Goldenen Horde das Khanat Kasan, das Krimkhanat und das Khanat Astrachan ausgliederten, waren die Tataren endgültig zu schwach, um den weiteren Aufstieg Moskaus zu verhindern. Gefährlich blieben ihre Einfälle aber noch gut anderthalb Jahrhunderte. Nach dem Tod Dmitris folgte ihm Vasili I. (1389–1425), der ein gesichertes Erbe antrat. Er stärkte es nach außen durch die Ehe mit Sofja, der Tochter des litauischen Großfürsten und flößte damit dem Khan Timurlenk so viel Respekt ein, dass Moskau von 1395 bis 1412 keinen Tribut zahlen musste.

Moskau hatte sich im Kampf gegen die Tatarenherrschaft profiliert, während die Goldene Horde im Auflösungsprozess war. Dadurch gewann Moskau Freiraum für den Kampf im Innern der Rus, um die Kleinstaaterei zu beenden. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts war die politische Landkarte der nord-östlichen Rus deutlich übersichtlicher geworden. Es waren nur vier Staatengebilde übrig geblieben: Moskau, Nowgorod, Twer und Rjasan. Die Teilfürstentümer, insbesondere die Konkurrenten Moskaus wie Twer und Nowgorod, waren aber auf Aufrechterhaltung ihrer Eigenstaatlichkeit bedacht. Im erbitterten Kampf mussten die noch verbliebenen russischen Fürstentümer unter der Führung Moskaus vereinigt werden. An der oberen Wolga existierten bei Regierungsantritt Iwans III. (1462 bis 1505) noch unbedeutende Reste der Fürstentümer Jaroslawl und Rostow. Beide standen schon seit der Zeit Dmitri Donskois im Vasallenverhältnis zum Moskauer Großfürsten. Iwan III. gliederte 1471 Jaroslawl und 1474 Rostow dem Moskauer Reich ein. 1478 wurde dann Twer und die frühere Regionalmacht und Stadtrepublik Nowgorod gewaltsam annektiert[38] ausgeschaltet:


Nowgoroder Marktplatz, im Hintergrund der Nowgoroder Kreml
Großfürst Iwan III. eröffnete am 9. Oktober 1476 den Endkampf um die Eingliederung Nowgorods, als er mit einem großen Heer von Moskau aufbrach. Am 27. November schloss sich ein Belagerungsring um die Stadt, deren Führung durch zahlreiche Gesandtschaften in das Lager des Großfürsten vergeblich versucht hatte, das Unheil abzuwenden. Nach langwierigen Verhandlungen, in denen der Großfürst seine harten Forderungen präzisierte (u. a. Landabtretungen, Tributzahlungen, Auflösung der bisherigen politischen Institutionen der Stadt etc.), wurden die Bedingungen des Unterwerfungsvertrages niedergeschrieben und der Erzbischof sowie die Stadtteilevertreter zur Unterschriftsleistung befohlen. Am 15. Januar entsendete der Großfürst seine Beauftragten in die Stadt, um alle Bewohner auf die Einhaltung der Abmachung zu verpflichten. Am 22. Januar trafen die großfürstlichen Statthalter in Nowgorod ein, am 29. Januar nahm der Großfürst persönlich mit großem Gefolge von seinem „Vatererbe“ Besitz. Der Anschluss Nowgorods stellte den Höhepunkt der Vereinigungspolitik Iwans III. dar, war aber noch immer nicht abgeschlossen.
1484 erhielt Iwan III. Nachricht, dass der Fürst von Twer Michail Borissowitsch einen Vertrag mit den Großfürsten von Litauen, Kasimir IV. Jagiełło geschlossen hatte. Der Großfürst erklärte Twer den Krieg. Seine Truppen belagerten die Stadt. Nach der Flucht des Fürsten Michail Borissowitsch in der Nacht zum 12. September unterzeichnete eine Delegation der Stadtbewohner die Übergabebedingungen. Iwan III. gelang es damit, eines der letzten freien Fürstentümer zu annektieren. Er setzt seinen Sohn und Thronfolger Iwan zum Fürsten ein und griff, wie schon 1478 in Nowgorod, zum Mittel der Zwangsumsiedlung, um jeglichen Widerstandswillen der Bevölkerung zu brechen.[39] In der Folgezeit gewinnt Iwan III. bestimmenden Einfluss auf Rjasan und Pskow.
Moskau grenzte nun im Westen an das Großfürstentum Litauen. Ein Kampf um die weißrussischen Fürstentümer war von nun an auf der außenpolitischen Tagesordnung und musste sorgfältig geplant werden. Dazu musste zunächst die tatarische Oberhoheit gelöst werden. 1476 wurden die Tributzahlungen an die Mongolen beendet. Als 1480 zwei Brüder Iwans III. dessen Machtposition bedrohten, sah Kahn Achmat eine Möglichkeit Moskau zu schwächen, woraufhin er mit einem Heer in Richtung Moskau vorrückte. Iwan III. zog mit seinen Truppen aus Moskau an die Ugra, um eine drohende Vereinigung zwischen dem Tatarenkhan Achmat und dem polnischen König Kasimir IV. zu verhindern. Dies führte 1480 zum Stehen an der Ugra. Der kampflose Abzug der Truppen der Goldenen Horde nach mehreren Monaten des Gegenüberstehens beider Heere wird als das endgültige Ende der mongolischen Vorherrschaft angesehen. Mit der Befreiung von der Oberherrschaft der Tataren bekräftigte Iwan III. die Führungsrolle des Moskauer Reiches in Russland für den anstehenden Kampf gegen Litauen.[40]

Russisch-Litauischer Kampf um die Herrschaft der ganzen Rus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Großfürstentum Moskau 1390–1525

Eine Darstellung des Russisch-Litauischen Kriegs aus dem Werk Jacob Pisos: Die Schlacht von dem Kunig von Poln und mit dem Moscowiter, 1514
→ Hauptartikel: Russisch-Litauische Kriege
Mit dem Erstarken Moskaus begann ein lang anhaltender Konflikt mit Litauen um die Vorherrschaft. Beide Länder beanspruchten für sich die Herrschaft über die Rus. Die Litauer vertraten den lateinischen, die Moskauer den traditionellen orthodoxen Glauben. Da die Litauer als Fremde angesehen wurden, konnte sich Moskau in den Kriegen aufgrund einer stärkeren inneren Kohäsion der Gebiete durchsetzen und Litauen stetig nach Westen drängen.

Litauens Versuche, im Zuge seiner Expansion im 14. Jahrhundert die Nachfolge der Kiewer Rus anzutreten, waren bereits an der fehlenden Akzeptanz der Bevölkerung der Länder der Rus gescheitert. Versuchen, Kiew als dem alten geistlichen und kulturellen Zentrum der Rus durch Einrichtung einer gegen Moskau gerichteten Metropolie zu neuer Geltung zu verhelfen, blieb dauernder Erfolg versagt.

Eine entscheidende Wendung, die sich günstig für Moskau auswirkte, vollzog sich 1385, als der litauische Großfürst Jogaila die polnische Königin Jadwiga heiratete und zum römisch-katholischen Glauben übertrat. Durch die Bildung der Polnisch-Litauischen Union wurde Moskaus Nachbar zwar noch stärker, aber Litauen wurde zunehmend in polnische Angelegenheiten verwickelt und richtete seinen Blick zunehmend nach Westen. Auch fehlte den litauischen Großfürsten nun die Legitimation als orthodoxe Herrscher. Den entscheidenden Schritt, seine Residenz von Vilnius nach Kiew zu verlegen und somit für alle sichtbar einen Anspruch auf die Nachfolge der Kiewer Großfürsten zu erheben, hatte Olgard nicht vollzogen. So fehlte in seiner Ostpolitik eine Konsequenz, deren Fehlen in der Folgeperiode zusammen mit der Verstrickung in polnische Interessen und den Abwehrkämpfen gegen den Deutschen Orden den späteren Sieg Moskaus begünstigte.

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts hatten sich die Beziehungen zwischen Moskau und Litauen wieder verschlechtert, nachdem diese in der Schlacht an der Worskla gegen die Tataren eine schwere Niederlage erlitten. Vytautas Niederlage an der Worskla beendete die litauischen Expansionsbestrebungen nach Südruthenien. Sein Staat verlor zudem den Zugang zum Schwarzen Meer. Die Litauer konzentrierten sich nun auf den Kampf um nördlichere Fürstentümer wie Smolensk. Dies führte zu einem Krieg mit Moskau von 1406 bis 1408. Dieser endete mit dem Frieden an der Ugra, der für einige Stabilität sorgte.[41]

Mit dem 1492 ausgebrochenen Moskauisch-Litauischen Krieg begann eine längere Folge militärischer Konflikte zwischen dem Moskauer Staat und seinem westlichen Nachbarn Polen-Litauen. Der benachteiligte orthodoxe Adel der östlichen Gebiete Litauens versprach sich mehr Vorteile und Macht bei einem Übertritt zum Großfürstentum Moskau. So schlossen sich zwischen 1487 und 1493 mindestens vier Fürstenhäuser aus den Ostprovinzen des Großfürstentums dem Moskauer Staat an. Ende der 1490er Jahre verließen dann die Fürsten Semjon Belski, Semjon und Iwan Moschaijski und Wassili Schemjatitsch den litauischen Verbund. Immer wieder kam es zu Grenzkonflikten zwischen beiden Reichen. Zu Beginn des Zweiten Litauisch-Russischen Krieges (1500–1503) erlitt das litauische Heer in der Schlacht an der Wedrosch nordöstlich von Smolensk eine schwere Niederlage. Es gelang der litauischen Heerführung in der Folgezeit nicht, eine Koordinierung der Kampfhandlungen mit den Verbündeten (Livländischer Orden, Khan Achmat der Großen Horde) zu erreichen. Am Ende des Krieges musste Litauen 1503 die Gebiete Tschernihiw, Nowgorod-Sewers, Gomel, Brjansk, Putiwl, Starodub und Mzensk an Moskau abtreten. So hatte Iwan III. zum Ende seiner Herrschaft alle Voraussetzungen geschaffen, um sich als Großfürst von ganz Russland zu bezeichnen, da er das Gebiet der ganzen Rus, bis auf die von Litauen eroberten Gebiete zum neuen russischen Staat vereinigte.

Auch der Nachfolger Iwans III., sein Sohn Wassili III. (1505–1533), bemühte sich um die Expansion Russlands nach Westen. Wenig später, 1514, kam es erneut zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Streitkräften Moskaus und Litauens. In dieser Zeit wurde unter der Führung Moskaus eine antijagelionische Allianz gegründet mit dem Ziel, das Großfürstentum Litauen aufzuteilen und die weißrussischen Provinzen dem Großfürstentum Moskau zuzuschlagen. Der Sieg, den die Truppen unter dem Oberkommando Konstantin Ostroschkis in der Schlacht bei Orscha am 8. September über das Moskauer Heer errangen, hielt die Expansion Moskaus nach Westen jedoch vorerst auf.[42]

Unter Wassili III. erfolgte der Anschluss der letzten russischen Fürstentümer, 1510 der Republik Pskow und 1521 des südlichen Fürstentums Rjasan. Gleichzeitig begannen vom Süden her jedoch Überfälle der Krimtataren, die an der zunehmenden Unterlegenheit Litauens nicht interessiert waren. Nach dem Tode des Krimkhans Meñli I. Giray 1515 zerbrach das zeitweilig enge Bündnis Moskaus mit den Krimtataren endgültig. Das Verhältnis war in den vorausgegangenen Jahren durch zahlreiche Grenzübergriffe und wiederholte Annäherungen an Litauen erheblich belastet. Unter dem am 13. April inthronisierten neuen Khan Mehmed I. Giray gewann die moskaufeindliche Richtung die Oberhand, gleichzeitig verlor Moskau im Khanat Kasan seinen bisherigen beherrschenden Einfluss. In dieser Zeit nahmen auch die Moskau-Kasan-Kriege zwischenzeitlich eine für Moskau unvorteilhafte Wendung. Vergeblich versuchte Wasili III. über direkte Kontakte zum osmanischen Sultan die drohende Gefährdung der Süd- und Südost-/Ost-Grenzen seines Herrschaftsbereiches abzuwenden. In der Folgezeit drangen die Krimtataren wiederholt bis nach Moskau vor und zerstörten dieses.

Festigung der Selbstherrschaft der Moskauer Großfürsten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Iwan III. übernahm den kaiserlichen Doppeladler ab 1487. Damit knüpft er an die Tradition des Römischen Reiches an oder verfolgt diesen Anspruch. Ob es sich um eine direkte Übernahme oder aber vielleicht um ein Ehewappen von Iwan III. mit Sofia Palaiologos handelt, oder es über einen anderen Weg gewählt wurde, ist unklar.[43]
Die Moskauer Großfürsten konnten durch den äußerlichen Machtzuwachs und die Ausschaltung der innerrussischen Konkurrenten auch einen inneren Machtgewinn erreichen, der zu einer extrem machtvollen Herrscherposition führte, der Selbstherrschaft. Kirche und Adel wurden in ihrem Einfluss begrenzt. Die Herrschernachfolge erfolgte nun durch die Primogenitur, und nach außen wurde durch die Freiwerdung und Verwendung des Zarentitels ihre Unabhängigkeit gesichert. Der Aufbau einer Bürokratie sicherte Ihnen die Durchführung einer geordneten Herrschaft.

Durch die Entstehung des russischen Reiches um dessen Zentrum Moskau und die Abschüttelung des Tatarenjochs wuchs am Ende des 15. Jahrhunderts die Bedeutung der Großfürsten Moskaus und ließ das russische Reich etappenweise in die europäische Staatenwelt eintreten. Die wachsenden Kontakte mit dem westlichen Ausland spiegelten sich auch in vermehrten Auslandsreisen von Russen wider, um ihre Fachkenntnisse zu erweitern. Außerdem wurden zunehmend westliche Fachleute ins Land geholt. Als ökonomische Spezialisten, Diplomaten, Baumeister oder Waffentechniker nahmen sie Dienst und übten einen wichtigen Einfluss aus. Zwischen den Oberschichten Westeuropas und denen des Moskauer Reiches fand wieder ein kultureller Austausch statt.[44] Moralisch und rechtlich blieb dieses neue russische Reich aber außerhalb der damals offiziell anerkannten Völker- und Staatengemeinschaft. Das lag zum einen an dem sich selbständig entwickelnden Staat Russland, also ohne Vorbilder wie Rom oder Byzanz mit ihrem Herrschafts-, Rechts- und Feudalsystem, zum anderen an der fehlenden historischen Anerkennung Russlands als Staat unter Gleichen. So war eine neue Titulatur nötig, um die Anerkennung ihres Großfürstentitels auch international sicherzustellen. Das Großfürstentum Litauen, deren Großfürsten selbst im Titel den Passus „vieler russischer Länder Herrscher“ trugen, hatte dem Moskauer Großfürsten bis zum aufgedrängten Waffenstillstand von 1494 die Anerkennung als „Herrscher der ganzen Rus“ (Titelergänzung des Moskauer Großfürsten) verweigert, schließlich befand sich ein großer Teil der Rus unter litauischer Hoheit. Als Möglichkeit bot sich der Zarentitel an. Der Zarentitel war, durch die Eroberung von Konstantinopel und die Losschüttlung der tatarischen Fremdherrschaft über Russland, frei geworden. Iwan III. heiratete danach die Nichte des letzten Kaisers von Byzanz. Aufgrund dieser Ehe sah sich Iwan III. nun auch als rechtmäßiger Nachfolger der Kaiser des untergegangenen Byzantinischen Reichs. Iwan III. begann gelegentlich den Zarentitel für sich inoffiziell im Verkehr mit aus russischer Sicht schwächeren Mächten zu gebrauchen.

Grundlegende Änderungen in der orthodoxen Kirche konnte Iwan III. aufnehmen und in seine Politik der Festigung und Erweiterung der eigenen Machtstellung einbauen:

Der Fall Konstantinopels und das Florentiner Konzil brachten der russischen Kirche die Autokephalie. Das heißt, dass der Metropolit nach seiner Wahl nicht mehr der Bestätigung durch den ökumenischen Patriarchen bedurfte, sondern dass dafür die Zustimmung des Moskauer Großfürsten genügte. Damit wurde der Metropolit noch mehr als bisher an den Moskauer Großfürsten gebunden, denn diese Änderung beraubte die Moskauer Kirche ihres letzten Rückhalts außerhalb des großfürstlichen Machtbereichs.[45] Dadurch wurde der ursprüngliche orthodoxe Gedanke der gleichrangigen Herrschaft von Kirche und weltlicher Macht in der Folgezeit weit übertroffen. Damit half die Kirche selbst der Selbstherrschaft der Großfürsten in den Sattel.
Aus kirchenpolitischen Gründen entstand eine theokratische Staatstheorie, die Moskau als neue (orthodoxe) Heilsstadt erklärte. Nach 1453 wanderte eine große Zahl orthodoxer Kirchenmitglieder nach Russland ein. Es war damals die einzige christlich-orthodoxe Großmacht, die nicht durch islamische Eroberer besetzt war. Da das „Erste Rom“ aus orthodoxer Sicht vom rechten Glauben abgekommen und das „Zweite Rom“ – Byzanz – diese Funktion nicht mehr wahrnehmen konnte, erklärten orthodoxe Kirchenvertreter Moskau zum „Dritten Rom“. An die Nachfolger Iwans III. richtete der Begründer der Theorie von Moskau als „Drittem Rom“, den Mönchen Filofej die Worte:
„Denn wisse, du Christus Liebender und Gott Liebender: Alle christlichen Reiche sind vergangen und sind zusammen übergegangen in das Eine Reich unseres Herrschers, gemäß den prophetischen Büchern: das ist das Russische Reich. […] Denn Zwei Rome sind gefallen, aber das dritte steht und ein viertes wird es nicht geben“

– Filofej[46]
Gestützt durch diese theokratische Staatsvorstellung Filofeijs, sowie die durch eine Abstammungslegende mittlerweile ausgesponnene Lehre vom dritten Rom, konnte sich die Selbstherrschaft in der Folgezeit voll entfalten.[47]


Der Sudebnik von 1497
Das Moskauer Reich war innerhalb kurzer Zeit rasch gewachsen. Durch den Übergang zu einer begrenzt expansiven Politik zählte das Reich um 1500 bereits zwei Millionen Quadratkilometer mit einer Bevölkerung von sechs bis acht Millionen Einwohner.[48] Dies machte eine Regierungsreform notwendig, die den vergrößerten Rahmen Rechnung trugen, da die Herrschaft durch persönliche Beauftragung nicht mehr gelenkt werden konnte. Durch die Erweiterung der Kompetenzen des großfürstlichen Schatzamtes (Kazna), der obersten Verwaltung der großfürstlichen Hofbesitzungen (Dworez) sowie durch eine Spezialisierung der dort tätigen Sekretäre auf bestimmte laufende Geschäfte im Moskauer Kreml etablierten sich Vorformen einer festen zentralen Verwaltungsspitze. Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts hatte sich dieser bürokratische Apparat dann so weit differenziert, dass selbständige Geschäftsbereiche in Gestalt der Prikas gebildet werden konnte. Diese kümmerten sich um:

die Militäradministration,
die Versorgung der Dienstleute,
die laufenden diplomatischen Geschäfte.
Dieses aus pragmatischen Erwägungen ohne ein durchschaubares Konzept entstandene Gliederungsprinzip der obersten Verwaltungsbehörden führte zukünftig zu sich häufenden Kompetenz-Überschneidungen und letztlich zu bürokratischer Erstarrung. Um die Grundlage für eine einheitliche Rechtsprechung zu schaffen, wurde das geltende Gewohnheitsrecht 1497 in einem Gesetzbuch, dem Sudebnik kodifiziert.

Als Wassili III. 1533 überraschend starb, war Iwan IV. gerade drei Jahre alt. Seine Zukunft und die der Selbstherrschaft waren keineswegs gesichert. Bereits Iwan III. hatte in seinem Testament bestimmt, das nicht die Brüder Wassilis, sondern dessen Kinder die weiteren Erben sein sollten. Zum ersten Mal wurde damit offiziell die Abkehr vom Seniorat zugunsten der Primogenitur erklärt. Unumstritten war das aber immer noch nicht. Wassili hatte bis zu Iwans Krönung eine Regentschaft eingesetzt. Die Interessen der Regentschaftsmitglieder prallten derart aufeinander, dass es zu harten und blutigen Kämpfen kam. Innenpolitisch sorgte Helena Glinskaja, die Mutter Iwans, für eine Währungsreform, förderte den Städtebau und verbot, dass Klöster weiteren Grundbesitz erwerben durften. Nach ihrem Tod 1538 wurden diese Ansätze jedoch nicht fortgeführt. Stattdessen brachen erneute Machtkämpfe zwischen rivalisierenden Bojarencliquen aus. Der Adel verspielte dabei seine Chance, ein Herrschaftssystem aufzubauen, das ihm die Beteiligung an der Macht gesichert hätte.[49]

Zarentum Russland (1547–1721)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Zarentum Russland

Darstellung der Krönung Iwans IV.
Holzschnitt aus der Bilderserie des „Buchs des Zarentums“ von 1547.
Nach dem Ende der Mongolenherrschaft 1480 war aus den einstmals verfeindeten russischen Fürstentümern ein autokratisch regierter und zentral von einem neuen Dienstadel verwalteter Einheitsstaat mit Großmachtsanspruch entstanden. 1547 wurde als erster russischer Herrscher Iwan IV. zum Zaren gekrönt. Zum einen verdeutlichten die russischen Herrscher durch den Zarentitel, dass sie sich nun vollkommen von der tatarischen Oberherrschaft befreit hatten, und zum anderen zeigten sie, dass sie auch im Vergleich zum Westen etwas Neues, Eigenes geschaffen hatten und nicht dazu bereit waren, sich dem bestehenden europäischen Hierarchiesystem anzupassen. In der folgenden Periode griff das Zarentum Russland weit über die bisherige begrenzte Expansion zur Wiedererlangung der Gebiete der Rus hinaus und expandierte bis 1700 an den Pazifik im Osten. Die territoriale Ausdehnung vollzog sich nicht als geradliniger expansionistischer Prozess, sondern auch als Reaktion auf Versuche der Nachbarn, sich auf Kosten Russlands zu bereichern.[50] Im Westen erlitt das Zarentum im Kampf um die Ostseeherrschaft Rückschläge und konnte erst ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Territorialgewinne erreichen. Im Inneren erstarrte das gewachsene Reich, so dass gegen 1700 große Reformanstrengungen nötig waren, um dem Rückstand gegenüber den westlichen Teil des europäischen Kontinents aufzuholen.

Reformperiode und innerer Terror[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mit Iwan IV., der später den Beinamen „der Schreckliche“ (grosny korrekt übersetzt wäre "der Dräuende") erhielt, folgte ein Herrscher, der gegenüber den Bojaren aufgrund der blutigen Auseinandersetzungen in seiner Kindheit ein starkes Misstrauen besaß. Daher sah er den Dienstadel und die Verwaltung als wichtige Stütze seiner Herrschaft gegen die Clans des Hochadels. Iwan IV. verstand sich als uneingeschränkter Selbstherrscher und wollte mit Unterstützung der Kirche den blutigen Machtkampf der Bojaren beenden. Für seinen angestrebten außenpolitischen Expansionskurs brauchte er eine stabile Herrschaft.[51] Dazu umgab er sich mit einem Beraterkreis und führte die Reformansätze seiner beiden Vorgänger den Erfordernissen eines Großreiches entsprechend fort. So drängten die innenpolitischen Reformen den Einfluss des Hochadels zurück bei gleichzeitiger Förderung des Dienstadels.

1550 wurde ein neuer Sudebnik in Kraft gesetzt, das detaillierte Regelungen enthielt, um die Missbrauchsgefahr zu verringern.
Bei der Verwaltungsreform wurde ein zentrales Besoldungssystem der Bediensteten eingerichtet und ersetzte das bisherige Selbstversorgungssystem, das zu vielen Auswüchsen geführt hatte.
Die unabhängige Macht der bojarischen Statthalter, der Namestniki, wurde gebrochen.
Den Städtern und den freien Bauern räumte Iwan IV. Wahlrechte im Bereich der örtlichen Selbstverwaltung ein.
Eine Heeresreform verpflichtete nun auch den Erbadel zum Dienst.
Die Länder des Erbadels wurden daraufhin überprüft, ob unrechtmäßige Besitzvermehrungen vorgekommen worden waren. In solchen Fällen wurden diese Ländereien eingezogen und an den Dienstadel verteilt, der dadurch insgesamt wirtschaftlich besser gestellt und somit noch enger an Iwan IV. gebunden wurde.[52]
Iwan IV. erkrankte 1553 schwer. Seine Nachfolgeregelung zugunsten seines noch unmündigen Sohnes wurde von den Bojaren nicht ohne weiteres akzeptiert. Dies stärkte sein Misstrauen und er witterte Verrat in den Reihen des hohen Adels. Der Tod ihm nahestehender Personen, die eine ausgleichende Wirkung auf den Zaren hatten, wie seiner Frau Anastassija Romanowna Sacharjina 1560 und des Metropoliten Makarij, bewirkten ein übriges. Es zeigten sich die Schattenseiten einer uneingeschränkten Selbstherrschaft, die zunehmend Terrorzüge annahm. 1560 verbannte der Zar einige seiner engsten Berater. Als ein Mitglied der Bojarenduma, Andrei Michailowitsch Kurbski, 1564 zu den Litauern überlief, leitete Iwan IV. Gegenmaßnahmen ein, die zur eigentlichen Terrorherrschaft führten und sich offen gegen die Aristokratie richteten. Ende 1564 zog sich Iwan IV. in eine Vorstadt zurück und trennte sich territorial und verwaltungsmäßig von seiner Herrschaft. Der Zar wollte Panik und Verwirrung stiften, um das Volk gegen die Bojaren aufzubringen.[53] Zu diesem Zweck sonderte er seit 1565 immer größere Gebiete des Landes als Opritschnina (das Abgesonderte) mit eigener Duma, eigener Verwaltung und eigenem Heer und zugleich einem besonderen Personenverband ab. Viele der Bojaren wurden umgebracht, zu Mönchen geschoren oder ausgesiedelt. Auf ihren Gütern siedelte er eine neue Schicht ihm ergebener Dienstleuten, den Opritschniki, an, die als Werkzeuge seiner Terrorherrschaft dienten. Schon bald wurden sie selbst als Verräter betrachtet. Sie denunzierten sich gegenseitig und wurden schließlich ebenfalls größtenteils ermordet. Die Absonderung eines Teils seines Territoriums hob Iwan IV. nun wieder auf und gab das Land an seine rechtmäßigen Besitzer zurück. Die Opritschnina hatte zur Folge, dass der Dienstadel jetzt die mächtigste Schicht des Reichs war. Das alte Bojarentum war zerschlagen.

Der Aufstieg des Dienstadels vergrößerte den Druck auf die Dienstbauern. Bauern, die sich nicht restlos der Gutswirtschaft unterwerfen wollten, flohen nun in großen Zahlen aus Zentralrussland nach Süden und suchten Schutz bei den Kosaken in dem herrschaftsfreien Raum zwischen Russen, Polen, Türken und Krimtataren (→ Wildes Feld). Weil die Zahl der Arbeitskräfte in den Kerngebieten des Reiches schnell schrumpfte und damit die Existenz des hier angesiedelten Dienstadels auf dem Spiel stand, wurden die Bauern auf die Scholle gebunden und ihr Abzugsrecht ausgesetzt.[54]

Ausschaltung der Nachfolgekhanate im Süden und Osten und Eroberung Sibiriens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kasan-Khanat um 1500
Der Machtzerfall der Goldenen Horde in Zentralrussland hatte die Position des Moskauer Großfürstentums gestärkt, aber die Tatarengefahr war noch nicht völlig gebannt. Noch besaßen die Tataren das mächtige Khanat Kasan an der mittleren Wolga und das Khanat Astrachan an der unteren Wolga, sowie das Krimkhanat. Die russische Diplomatie suchte geschickt durch eine Politik des Divide et impera die Khanate gegeneinander auszuspielen. Zugleich sank die militärische Macht der Tataren, da sie von den militärischen Entwicklungen, wie z. B. dem europäischen Festungsbauwesen und der Artillerie, unzureichenden Gebrauch machten. Unter solchen Umständen konnte Iwan IV. dank des in jahrzehntelanger Wirtschaftsblüte entstandenen wirtschaftlichen Potenzials eine neue imperiale Machtpolitik umsetzen.[54] Die Wahl hierfür fiel auf das Tatarenkhanat Kasan, mit dem sich das Moskauer Reich seit dem 15. Jahrhundert eine Reihe militärischer Auseinandersetzungen lieferte. Schon Großfürst Iwan III. hatte Kasan als sein Protektorat behandelt. Zweimal war Zar Iwan IV. vergeblich gegen Kasan gezogen, die klimatischen und logistischen Probleme erwiesen sich als unüberwindlich. Erst der dritte Feldzug gelang mit der erfolgreichen Einnahme der Tatarenhauptstadt Kasan 1552. Damit leitete Zar Iwan IV. eine neue Phase der russischen Außenpolitik ein, die über das traditionelle Sammeln des Landes der Rus hinausgriff. Die Expansionspolitik zielte auf die Gewinnung des gesamten Wolgabeckens. Als 1556 Astrachan, das Zentrum der Nogaischen Horde fiel, hatte das russische Zarentum den größten Teil des fruchtbaren Schwarzerdegürtels gewonnen und durch die Beseitigung der Flankenbedrohung vom Osten her in weiten Teilen der bäuerlichen Besiedlung geöffnet. Zudem wurde der Wolgahandelsweg auf seiner ganzen Länge gesichert. Damit wurde der Weg zur Kolonisierung Sibiriens offen.[55]


Krim-Khanat um 1600 (Asow und die Städte an der Südküste der Krim gehörten unmittelbar zum Osmanischen Reich)
Der krimtatarische Herrscher Meñli I. Giray reagierte angesichts der russischen Erfolge und unterstellte sich dem osmanischen Sultan Mehmed II. Er erhielt für seine Abhängigkeit die Dienste osmanischer Hilfstruppen und Artillerie, wodurch er in die Offensive gehen konnte. Krimtatarische und osmanische Armeen forderten das Wolga-Gebiet für den Islam zurück und drangen gegen Moskau vor. 1571 gelang es einer kleinen Armee des Chans Devlet I. Giray die russischen Befestigungen unentdeckt zu umgehen und vor Moskau aufzutauchen. Die Vorstädte wurden in Brand gesteckt, woraufhin die ganze Stadt bis auf den Kreml niederbrannte. Zehntausende Menschen kamen um, weil die Stadt ohne Verteidigung geblieben war. Ein Jahr später kam der Chan mit einem wesentlich größeren Heer zurück, in der Hoffnung, das angeschlagene Russland endgültig niederzuwerfen. Er musste jedoch eine schwere Niederlage in der Schlacht bei Molodi hinnehmen, die die Bedrohung durch das Krimchanat in den folgenden Jahrhunderten beschränkte. Trotzdem hielten die Raubzüge und Verschleppungen von Menschen im südlichen Grenzland noch lange an. Dies war einer der Faktoren, die die Entwicklung des Kosakentums als wehrhafter Bauern weiter förderte. Dennoch konnte das Khanat der Krim der wachsenden Macht Russlands immer weniger standhalten. Katharina II. tat im 18. Jahrhundert den letzten Schritt, indem sie das Khanat zunächst besetzte und dann eingliederte.[56]


Wassili Surikow „Jermaks Eroberung von Sibirien“
Das turktatarische Khanat Sibir näherte sich während des Russisch-Krimtatarischen Krieges politisch dem Krimkhanat an und griff russische Siedlungen im Ural an, die zum Besitz der einflussreichen Kaufmannsfamilie Stroganow gehörten. Daraufhin erhielt diese vom Zaren das Recht, eigene Truppen zum Schutz ihrer Ländereien aufzustellen und gegen die sibirischen Tataren vorzugehen. Zu diesem Zweck heuerten die Stroganows die im Steppenland zwischen Wolga und Don lebenden Kosaken an. Unter ihrem Anführer Jermak Timofejewitsch unternahmen die Kosaken im Jahr 1582 mit knapp tausend Mann, jedoch mit Musketen und Kanonen ausgestattet, einen Feldzug gegen das Khanat Sibir. Die Unzufriedenheit kleinerer ugrischer Völker mit Kütschüm Khan geschickt ausnutzend, konnten sie unaufhaltsam vorrücken und seine Hauptstadt Qaschliq im Sturm erobern. Dass nicht der Zar, sondern der Kosakenführer Jermak das Machtvakuum jenseits des Urals nutzte und das schwache Westsibirische Tatarenkhantat angriff, liegt in der militärischen Agonie begründet, die das russische Zarentum zu dieser Zeit durchlebte. Erst als der Staat gegen Ende des 16. Jahrhunderts neue Kraft schöpfte, konnte er, unter Zar Boris Godunow durch Entsendung von Truppen und Anlegung von Stützpunkten den Brückenkopf ausbauen (Gründung von Tjumen 1586, Tobolsk 1587) und 1598 durch die endgültige Eroberung des Khanats ganz Westsibirien sichern. Der russische Drang nach Osten begründete sich aus dem Bedürfnis des Staates, sich feste natürliche Grenzen im Osten zu verschaffen. Da auch in den folgenden Jahrhunderten das Machtvakuum an der Ostgrenze des Russischen Reiches erhalten blieb, stieß die russische Expansionsbewegung hier auf den geringsten Widerstand.

Die russische Ostsiedlung verlief im Wesentlichen unbemerkt von der europäischen Öffentlichkeit. Seit der Erwerbung des Khanats Sibir 1581 und mit der Gründung von Tomsk 1604 standen die großen Weiten Sibiriens der russischen Besiedlung offen. Träger der Besiedlung waren Kosaken, eine Bevölkerung, die sich aus Bauern, die der Leibeigenschaft entflohen waren, und Tataren gebildet hatte und hier kolonisatorische und militärische Aufgaben als Wehrbauern übernahm. 1648 wurde der östliche Landzipfel Sibiriens erreicht (vgl. Russische Eroberung Sibiriens).

Beginn des Zeitalters der Nordischen Kriege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Belagerung von Polazk 1579, zeitgenössische Illustrierung
Unmittelbar nach der Eroberung von Astrachan wendete Zar Iwan IV. seine außenpolitische Aufmerksamkeit der livländischen Frage zu. In Überschätzung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des russischen Zarentums riskierte Zar Iwan IV. einen Konflikt mit Polen-Litauen und Schweden, der ihn in einen zermürbenden Krieg um die Beherrschung der Ostseeküstenregion hineinzog (siehe: Livländischer Krieg 1558–1583). Konflikte um die Ostseeherrschaft hatte es bereits früher zwischen Nowgorod, dem Deutschen Orden und Schweden gegeben. So erbte Moskau mit der Inkorporierung Nowgorods 1476 auch die Konflikte mit Schweden und dem Deutschen Orden. 1492 legte Iwan III. Russlands ersten Ostseehafen (Iwanograd) gegenüber der Ordensfestung Narwa an. Die Festung war auch gegen Schweden gerichtet, von dem Iwan III. Teile Kareliens forderte. Die Schweden schleiften jedoch nach russischen Angriffen 1496 Iwanograd, bevor im nächsten Jahr ein Waffenstillstand abgeschlossen wurde. Auch der Deutsche Orden wollte Russlands Auftauchen an der Ostsee nicht hinnehmen. Es kam von 1501 bis 1503 zu einem Krieg.

Ziel war es, für das von den Meeren und dem Handel weitgehend isolierte Russland einen Zugang zur Ostsee zu gewinnen. Den Anlass gab die wachsende innerlivländische Uneinigkeit zwischen Kirchenfürsten, Livländischem Orden, Städten und Ritterschaft, die leichte Beute versprach. Die anfänglichen Gebietsgewinne im Baltikum gingen jedoch bald wieder verloren, da Estland sich schwedischer und Livland litauischer Oberhoheit unterstellte. So musste Zar Iwan IV. sich gegen zwei neue Gegner stellen. Nach den Friedensschlüssen mit Polen-Litauen 1582 und Schweden 1583 gingen alle Eroberungen verloren, ferner hatte Polen-Litauen seine Ostgrenze leicht nach Osten verschieben können und Schweden sicherte sich für ein Jahrhundert Ingermanland im Nordwesten, wodurch Russland von der Ostsee isoliert wurde. Der einzige Hafen, über den Russland jetzt noch Handel mit dem Westen treiben konnte, wurde das 1584 gegründete Archangelsk. Englische Kaufleute, die einen eigenen Handelsweg nach China und Indien erkundeten, hatten 1553 durch eine Expedition über das Weiße Meer Kontakt mit Russland geknüpft. Daraufhin wurden Handelskontakte mit Russland vereinbart und die Muscovy Company gegründet. Sie erhielt 1554 das einträgliche Privileg des ausschließlichen Handels mit Russland. So fuhren in den nächsten Jahrhunderten regelmäßig Schiffe der Muscovy Company nach Archangelsk. Jeweils im Frühjahr fuhren die Handelsflottillen der Engländer in der Dwina-Mündung ein. Im Herbst stachen sie, nun mit Waren beladen, erneut in See. Die Engländer brachten Tuch, Zucker, Gewürze, Edelsteine, Waffen, Munition und Waren aus dem Mittelmeerraum nach Russland; und sie kauften Felle, Leder, Wachs, Hanf, Teer, Getreide, Kerzen und Holz.

Zeit der Wirren (Smuta)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Russische Zarentum um 1600
1584 starb Iwan IV. völlig ausgezehrt. Er hinterließ im Inneren ein zerrüttetes, im Äußeren ein ungefestigtes Land und einen geistig zurückgebliebenen Sohn Fjodor I. auf dem Thron, für den jedoch der Bojare Boris Godunow die Regierungsgeschäfte übernahm. Nach dem Tod Fjodors 1598 erlosch die jahrhundertealte Rurikiden-Dynastie, da Iwan der Schreckliche zuvor einen weiteren Sohn in einem Wutanfall getötet hatte, während der andere später unter mysteriösen Umständen erstochen wurde. In den folgenden Dreißig Jahren zeigte sich, wie wenig gefestigt die Selbstherrschaft der Zaren war, obwohl die kommende Periode anfangs noch durch verhältnismäßig stabile Zustände gekennzeichnet war. Denn Boris Godunow ließ sich nun zum Zaren krönen. Er war ein begabter Herrscher, agierte aber sowohl gegen den Hochadel (der ihn als nicht rechtmäßig ansah), als auch gegen die Bauern (Festigung der Leibeigenschaft), sodass seine Position, zumal nach den schweren Hungersnöten von 1601 bis 1603, immer schwächer wurde. Als er 1605 starb, stürzte das Land in eine Zeit schwerer politischer Unruhen (Zeit der Wirren). Schweden und Polen versuchten, die Wirren in Russland zu nutzen und zu intervenieren. Ein Abenteurer, der sich als Zarewitsch Dmitri (der Sohn Iwans IV., der unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen war) ausgab (Pseudodimitri I.), konnte mit polnischer Unterstützung kurz den Zarenthron besteigen, er scheiterte aber an denselben Gegensätzen wie sein Vorgänger, zumal seine Reformversuche als polnisch inspiriert wahrgenommen wurden. Er wurde in einem Aufstand umgebracht, woraufhin die Situation in Russland allerdings nur noch instabiler wurde. Es gab nun einen Zaren der Bojarenpartei Wassili Schuiski, der von den Schweden und einen zweiten falschen Dimitri, der von Polen und Kosaken unterstützt wurde. Als die Polen im Polnisch-Russischen Krieg von 1609 bis 1618 im Jahr 1610 Moskau einnahmen, um nunmehr ihren König Sigismund Wasa zum Zaren zu machen, hielt ihre Herrschaft nur ein Jahr. Ein Volksaufstand, der von Kusma Minin und Dmitri Poscharski angeführt wurde, führte zur Befreiung Moskaus und zur Aufgabe der polnischen Herrschaft in Moskau.


Polnischer Stadtplan von Moskau, 1610
Trotz des Sieges in Moskau standen noch immer die Schweden im Nordwesten Russlands. Der Schwedenkönig verlangte wiederum die Zarenkrone für den Prinzen Karl Filip als Austausch für Novgorod. Allerdings stand eine ausländische Thronfolge nicht mehr zur Debatte. Russland suchte einen nationalen, orthodoxen Zaren. So beschlossen die neu formierten russischen Landstände 1613 in Moskau, den 16-jährigen Michael Romanow, ein Kandidat des Dienstadels, zum russischen Zaren zu wählen. Der junge Mann schien als hinreichend schwacher Zar, von dem man keine tyrannische Autokratie befürchten musste.[57] Die durchführende Wahlversammlung, die sich als ganzes Land konstituierte, wurde durch fast alle sozialen Schichten und Gruppen mit Ausnahme der Unfreien und der herrschaftlichen Bauern vertreten.[58] Zwar hatten gerade diese Gruppen[59] in den zweieinhalb Jahren des Interregnums von 1610 bis 1613 den Widerstand gegen die ausländische Intervention getragen und eine Verwaltung mühsam aufrechterhalten, aber Bedingungen wurden dem designierten Zaren Michail vor der Wahl nicht gestellt. Damit endete die Interregnumsphase im Russischen Zarenreich und die verbliebenen polnischen Truppen zogen sich an die polnische Grenze zurück. Mit diesem Ereignis ging die Smuta, die Zeit der Wirren, zu Ende. Der neue Zar begründete die Dynastie der Romanows, die bis zur Oktoberrevolution in Russland herrschte.

Nach weiteren fünf Kriegsjahren wurde 1618 der Vertrag von Deulino unterzeichnet, in dem Polen-Litauen das Gebiet um Smolensk und Sewerien zugesprochen bekam, die das Großfürstentum Litauen im Vertrag von 1522 an Russland verloren hatte, außerdem wurde ein 14½-jähriger Waffenstillstand beschlossen. Das Zarentum Russland erlangte durch diesen Vertrag die Waffenruhe, die es dringend benötigte, um sich im Innern regenerieren zu können.

Moskauer Tradition und Vorboten der Modernisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts benötigte das Russische Zarentum um die Depression von 1560 bis 1620 zu überwinden. Die machtpolitische Zurückhaltung, die das erschöpfte Land sich Polen-Litauen gegenüber auferlegte,[60] wurde nur 1632 bis 1634 unterbrochen als man infolge eines polnischen Interregnums nach dem Tod des polnischen Königs Sigismund III. Wasa im Bund mit dem Schweden Gustav Adolf die 1618 verlorenen Gebiete erfolglos zurückerobern wollte.

Das während der Zeit der Smuta entwickelte Ständische Bewusstsein ging 1622 nach dem Abflauen der Notstandssituation zugunsten der Anknüpfung an der alten Autokratie unter. Unterstützt wurde dieser Prozess durch die Kirche, für die die zaristische Macht traditionell eine notwendige Ergänzung der eigenen geistlichen Autorität war. Der kleine und mittlere Dienstadel benötigte den Zaren wiederum als Schutz vor der mächtigen Hocharistokratie. Das russische Volk, das stark im Bewusstsein der Autokratie verwurzelt war, konzentrierte sich nach der chaotischen Zeit der Smuta auf Sicherheit und Wohlstand und hieß einen starken Helden, in der Person des Zaren, willkommen.


Sobornoje Uloschenije, russ. Соборное уложение, die 1649 von Zar Alexei I. herausgegebene russische Gesetzessammlung
Der zweite Zar aus dem Hause Romanow, Alexei I., schuf mit der Einrichtung des „Prikas für geheime Staatsangelegenheiten“ ein wichtiges Kontrollorgan, das ihn in die Lage versetzte, die Regierungsgewalt weitgehend selbstständig auszuüben. Seine Regierung ist durch verstärkte Unterdrückung der Bauern und Erhöhung der Steuerlasten gekennzeichnet, was ab 1648 zu Stadtaufständen führte (Moskau, Tomsk, Pskow und Nowgorod). Dadurch sah sich Alexei gezwungen, die Landesversammlung (Semski Sobor) einzuberufen und 1649 ein neues Reichsgesetzbuch, das Sobornoje Uloschenije, zu erlassen, das die Leibeigenschaft zementierte.

Zar Alexei konnte durch geschicktes Taktieren den 1648 begonnenen Chmelnyzkyj-Aufstand für sich ausnutzen und übernahm 1654 mit dem Vertrag von Perejaslaw die Schutzherrschaft über das ukrainische Hetmanat. Im daraufhin beginnenden Russisch-Polnischen Krieg 1654–1667 konnten russische Truppen 1654 Smolensk erobern. Nach weiteren russischen Erfolgen im folgenden Jahr griff Schweden in den Krieg ein und Russland konnte das gesamte Großfürstentum Litauen an sich bringen. Ende 1655 schloss Russland mit Polen einen Waffenstillstand und wandte sich gegen Schweden (→ Russisch-Schwedischer Krieg 1656–1658). Nachdem der neue Hetman Iwan Wyhowski sich 1658 mit dem Vertrag von Hadjatsch auf die Seite Polen-Litauens gestellt hatte, einigte sich Russland mit Schweden auf den Waffenstillstand von Valiesar (1658). Der nunmehr wiederaufgenommene Krieg gegen Polen verlief wechselhaft (Litauen ging wieder verloren), letztlich konnte sich Russland aber 1667 im Friede von Andrussowo Smolensk, Kiew und die Ostukraine sichern. In östlicher Richtung erweiterte Zar Alexei sein Reich mit der Eroberung Ostsibiriens bis an die Grenze Chinas.

1658 überwarf sich Alexei mit dem Patriarchen Nikon über die von diesem eingeleiteten kirchlichen Reformen, der Sitz des Patriarchen blieb danach für acht Jahre unbesetzt. Der Konflikt führte 1666 zur Spaltung der russisch-orthodoxen Kirche. Die sogenannten Altgläubigen weigerten sich, den neuen Ritus anzunehmen und wurden daraufhin vom Staat verfolgt, so dass es zu einer erheblichen Auswanderungswelle ins Baltikum, ins Donau-Delta und über den Ural kam. Währenddessen hatte sich 1662 die Moskauer Bevölkerung erneut zum Aufstand erhoben. Der Kampf der unterdrückten Bauern entlud sich schließlich im Rasinschen Aufstand unter Stepan Rasin von 1670/71, der allerdings rasch niedergeworfen wurde. 1676 konnte zusammen mit den Ukrainern eine massive türkische Aggression abgewehrt werden. Das internationale Ansehen in seiner Regierungszeit war beträchtlich gestiegen.

Als Alexei starb, wurde sein 16-jähriger Sohn Fjodor III. sein Nachfolger. Fjodor III. war sowohl religiös wie auch dem Westen sehr zugeneigt. In seiner Regierungszeit wurden daher viele Reformen begonnen, jedoch konnten die meisten davon aufgrund seiner kurzen Regentschaft nicht zu Ende gebracht werden. Die wichtigste Reform war die Abschaffung der Rangplatzordnung beim Militär (Mestnitschestwo). Weitere Reformen stärkten die Zentralisierung des Staatsapparats und drängten den Einfluss des Patriarchen zurück, den dieser auf die Staatsgeschäfte ausübte. Zugleich hatten die Reformen eine Verschlechterung der sozialen Lage der unteren Volksschichten zur Folge, die zum Moskauer Aufstand von 1682 führte.


Das russische Reich um 1700
Ein behindernder Umstand der Reformen war, dass sich Russland fast die ganze Zeit über mit dem Osmanischen Reich im Krieg befand, der erst 1681 mit dem für Russland vorteilhaften Frieden von Bachtschissarai beendet wurde. Fjodor III. litt an Skorbut und starb bereits 1682, ohne einen Sohn als Nachfolger zu hinterlassen. Die Regentschaft übernahm Fjodors Schwester Sophia Alexejewna. Die Feldzüge gegen das Krimkhanat, die die Regentin und Golizyn in den Jahren 1687 und 1689 unternahmen, blieben jedoch erfolglos und führten schließlich zu ihrem Sturz Anfang August 1689. Die Kriegsniederlagen führten dazu, dass das Ansehen von Peter I. zunahm; sein politisches Engagement wuchs und die Beliebtheit in der russischen Bevölkerung nahm stetig zu. Mit der heranstehenden Volljährigkeit Peters wurde für Sofia die Gefahr der Absetzung immer deutlicher und sie plante mit ihren Verbündeten einen Anschlag auf Peter. Dessen Agenten hatten dieses Attentat frühzeitig erkannt und Peter konnte sich durch Flucht entziehen. Den Sieg um die Auseinandersetzungen um den Thron errang schließlich die Partei Peters I., die Sofia ins Nowodewitschi-Kloster bei Moskau verbannte.

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